Die richtige Konservierung der Ernte ist ein wichtiges Thema für Selbstversorger, da viele Gemüsesorten innerhalb eines sehr kurzen Zeitfensters im Jahr reif werden. Das führt dazu, dass man Gemüse wie Blumenkohl, Gurken, Zucchini, Tomaten usw. Eimerweise erntet und sie so schnell gar nicht verbrauchen kann. Der Ausweg sind dann oft Freunde / Verwandte / Nachbarn / Bekannte oder eben die Konservierung.
Die Nachteile der üblichen Konservierungsarten
Die Konservierung allerdings sollte so sein, dass das Produkt auch von möglichst Allen im Haushalt gerne gegessen wird. Oft genug schränkt die Art der Konservierung auch den späteren Verwendungszweck stark ein, so dass nur noch wenige Gericht daraus gekocht werden können. Typische Beispiele hierfür sind milchsauer vergorene Bohnen, süß-sauer eingelegte rote Bete oder jegliche Art von bereits vorgewürzten Konserven wie Senfgurken. Das kann man mal gut essen, aber es wird schnell langweilig.
Vorteilhafter hingegen ist es, Gemüse so zu konservieren, dass es seine ursprüngliche Qualität beibehält. Bei vielen Obst- und Gemüsesorten gelingt das durchs Einfrieren. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: z. B. kann man mit gefrorenen Erdbeeren keinen Tortenboden belegen, das matscht zu sehr. Zudem verbraucht diese Konservierungsart — auch wenn sie natürlich sehr komfortabel und praktisch unersetzlich ist für viele Zwecke — vom Zeitpunkt der Einfrierens bis zum Konsum des Produkts Strom.
Die Trockung als echte Alternative
Bei manchen Gemüsen gibt es aber tatsächlich echte Alternativen. Man denke z. B. an diverse getrocknete Pilze (allen voran Shi-Take Pilze), Tomaten oder die vielen Sorten Trockenobst — ein Hochgenuss! Das das Trocknen auf wenige Gemüse beschränkt ist, mag Jedem einleuchten (wer würde schon Salat trocknen wollen), dass aber Bohnenschoten seit 100 oder 200 Jahren dazugehören war mir zumindest bislang neu. Das es blos ein oder zwei Jahrhunderte sind liegt wohl auch nur daran, dass unsere Gartenbohne eine Pflanze der „Neuen Welt“ ist und erst mit Kolumbus zu uns kam. Möglicherweise würden wir sonst schon deutlich länger Schoten dörren.
Was haben Schweizer und Ostfriesen gemeinsam?
Korrekt: Beide versteht man nicht, wenn sie in Redefluss kommen, aber das meinte ich nicht. Beide verwenden in ihren traditionellen Gerichten getrocknete Bohnenschoten, wobei es dabei feine Unterschiede gibt. Auf ostfriesich heißen diese Bohnen denn auch nicht „Dörrbohnen“ wie in der Schweiz, sondern „Updrögt Bohnen“.
In der folgenden Faktentabelle sind die Unterschiede der ostfriesischen und schweizerischen Tradition des Bohnentrocknens zusammengestellt (Quellen: www.schwarzbunterplanet.de, www.dreschflegel-verein.de, www.patrimoineculinaire.ch):
„Dörrbohnen“ | „Updrögt Bohnen“ | |
Herkunft | Schweiz | Ostfriesland |
Verwendete Bohnensorte | grüne | grüne und gelbe |
Reifezustand bei der Ernte | jung: wie Prinzessbohnen | reifer: Bohnenkerne zeichnen sich bereite ab |
Behandlung vor dem Trocknen | putzen und blanchieren | putzen |
Typische Trocknungsmethode | in Öfen | aufgefädelt, luftgetrocknet |
Wege aus meiner Bohnenschwemme
2015 hatte ich einen ganzen Haufen von Buschbohnen, die gleichzeitig reif wurden und die ich gar nicht alle selbst verwerten konnte. 2016 habe ich dann nach einer Lösung gesucht. Der erste Teil der Lösung war es, wie auch beim Salat oder den Kohlrabi, in einzelnen Sätzen nacheinander zu säen, so dass nicht Alles gleichzeitig reif wird. Der zweite Teil der Lösung — ein Versuch — war es, eine Konservierungsart zu testen, die nicht die ganze Zeit der Lagerung über Strom verschlingt (einfrieren), anderseits auch nach Monaten der Lagerung eine Bohne hervorbringt, die recht nah am frisch geernteten Produkt und damit vielfältig zu verwenden ist.
Damit war denn auch klar, dass ich versuchen würde Bohnenschoten zu trocknen. Das Ganze sollte im Hochsommer stattfinden, um die Chancen auf gutes Wetter zum Trocknen hochzuhalten. Im August waren dann auch die gelben Buschbohnen der Sorte ‚Helios‘ reif, die dann als Versuchsbohnen herhalten mussten. Sofern noch nicht erwähnt: Diese Sorte finde ich klasse, sie schmeckt gut, ist vital, liefert hohe Erträge und man kann sie recht leicht unter den Blättern erkennen bei der Ernte, was bei rein grünen Bohnen nicht der Fall ist.
Blanchieren der Bohnen
Geerntet habe ich sie in einem Stadium, wie ich sie ernten würde, um sie als Prinzessbohnen zu verwenden, also so, dass sie zwar schon groß genug sind, aber sich noch keine Kerne in den Hülsen abzeichnen. Nach der Ernte habe ich die Bohnen dann vom Stielansatz befreit und sie kurz (!) in einem großen Topf mit Wasser blanchiert. Dazu Wasser zum kochen bringen, anschließend die Bohnen hineingeben und kurz abkochen. Ob sie hinreichend blanchiert sind, erkenne ich an einer Geschmacksprobe.
Sind sie genug blanchiert, dann sind sie auch innen nicht mehr hart wie rohe Bohen, aber vorsicht Bohnen sind roh bekanntlich (minder)giftig, also nicht in rauhen Mengen vorkosten. Wenn der Topf nicht groß genug ist, kühlt das Wasser übrigens zu schnell runter, wenn man die Bohnen hineingibt. Damit braucht das Blanchieren länger, was sich wiederrum nachteilig auf die Qualität des Produkts auswirkt. Also einen großen Topf nehmen oder andernfalls nacheinander kleinere Mengen verarbeiten. Nachdem blanchieren in eiskaltem Wasser abschrecken, um den Garprozess zu stoppen und anschließend abseien.
Trocknen auf der Schnur
Zum Trocknen habe ich die Bohnen dann aufgefädelt. Dazu habe ich — weil sie gerade zur Hand war — rote Maurerschnur genommen, diese in eine Stopfnadel gefädelt und dann nacheinander die ganzen blanchierten Bohnen auf die Schnur gezogen (siehe Bild). Anschließend habe ich an beiden Enden der Schnur eine kleine Schlaufe geknotet, um sie an Nägeln aufzuspannen. Idealer Ort für die Trocknung war unsere überdachte Terrasse. Nahe der Decke waren die Bohnen im Schatten, gleichzeitig war es dort aber sehr warm und luftig. Im Nachhinein hätte ich die Bohnen sehr viel enger aneinander fädeln können, ich hatte blos Bedenken, dass sie nicht schnell genug trocknen und sich dann Schimmel oder Fäulnisbakterien breit machen.
Die Trocknung dauerte etwa 5 Tage. Danach waren die Bohnen hart wie Stein. Die Bohen habe ich anschließend in ein großes Gurkenglas zusammen mit ein paar Beutelchen Silikagel (damit lagere ich auch mein Saatgut) gegeben, da ich sie nicht direkt verarbeiten wollte. Nach ein paar Monaten Lagerung ließ sich übrigens kein Unterschied, weder optisch noch geruchlich, erkennen.
Einweichen der Bohnen
Um die Bohnen zu verarbeiten, müssen diese natürlich zuerst wieder Wasser aufsaugen. Dazu habe ich die Bohnen in eine Schüssel mit kaltem Wasser (warmes dürfte noch schneller gehen) gegeben. Nach vier Stunden hatten die Bohnen jede Menge Wasser aufgesaugt und sahen zu meinem Erstaunen den erntreifen Bohnen sehr ähnlich. Noch viel erstaunter war ich, als ich die eingeweichten Bohnen einem Geschmackstest unterzogen hatte. Die Bohnen schmeckten fast so wie die frisch blanchierten und hatte immernoch (oder wieder?!) diesen quietschenden Biss, den man von Bohnen her kennt.
Rein in die Pfanne
Nachdem ich ein paar Bohnen ohne weitere Verarbeitung gefuttert hatte und mir ein schnöder Salat zu langweilig schien, habe ich doch noch ein bisschen gekocht, einfach um auszuprobieren, ob sich die getrockneten Bohnen irgendwie anders verhalten. In der Pfanne habe ich ein paar Zwiebelwürfel mit neutralem Öl hellbraun gebraten, dann die Bohnen dazugegeben, mit Sahne abgelöscht und kurz einreduziert. Salz, ein wenig groben Pfeffer aus der Mühle sowie ein wenig Knolauch in feinen Röllchen bildeten dann den Abschluss der schnellen Zubereitung (siehe Bild). Auch beim Braten konnte ich keinen Unterschied zu frischen/blanchierten Bohnen feststellen.
Fazit
Getrocknete Bohnen sind eine echte Alternative zu gefrorenen. Ihre Herstellung ist zwar zeitintensiver als das blosse Einfrieren, dafür hat man aber auch ein Produkt, welches man sehr lange ohne Qualitätsverlust lagern kann, ohne dass der Stromzähler läuft oder wertvoller Stauraum verloren geht. Ein Eis oder eine Tiefkühlpizza kann man nämlich (leider) nicht trocknen und die brauchen auch ihren Platz. Verarbeiten lassen sich die jungen getrockneten Bohnen nach dem Wässern als wären sie nie getrocknet gewesen. Ich jedenfalls bin begeistert und werde das Ganze im kommenden Sommer in einem größeren Maßstab wiederholen!