Detailansicht Petersilienpflanze nur Blätter

Vermehrung von Grünkohl und Petersilie — Teil1: Auswahl und Pflanzung der Saatgutträger

Die eigene Saatgutgewinnung ist doch eine feine Sache! Sie kostet nichts, man lernt dazu und hat eine ganze Menge Saatgut, das man prima tauschen kann (hier). Nachdem ich in den letzten Jahren bereits Saatgut von ein paar einjährigen Pflanzen gewonnen hatte, hatte ich mir vorgenommen, mich dieses Jahr mal an zweijährige Pflanzen heranzuwagen. Um es noch verhältnismäßig einfach zu halten, habe ich erstmal mit Grünkohl und Petersilie begonnen. Beides zwar zweijährige Pflanzen, aber beide können im Freien überwintern und müssen nicht eingelagert werden. Eine Grube zur Einlagerung fehlt mir nämlich bislang noch. Zudem gehören sie wie unschwer zu erkennen ist zu zwei unterschiedlichen aber jeweils großen Pflanzenfamilien (Brassicaceae und Apiaceae), so dass ich mir für die Zukunft einiges an Übung und Erfahrung aus diesen Experimenten erhoffe.

Anzucht der Grünkohlpflanzen

Für den Grünkohlanbau 2015 hatte ich ein eigenes Beet vorgesehen, mit jeweils drei Pflanzen nebeneinander bei einer Standardbeetbreite von 1,2 m. Das war relativ dicht, funktionierte aber rückblickend wirklich gut. Das Saatgut stammte von einem Bekannten und war selbst vermehrt, ohne jedoch zuvor eine Auwahl der Samenträger getroffen zu haben. Das war dann schon bei der Vorzucht des Grünkohls zu erkennen, da einige Pflanzen glatte Blätter — ähnlich denen von Kohlrabi — hatten. Ich habe dann ausschließlich Pflanzen in das Beet gesetzt, die die grünkohltypischen Kraussblätter hatten und die anderen verworfen. Ich hatte also schon vorab eine Auslese betrieben.

Grünkohlpflanzen erntereif auf dem Gemüsebeet

Grünkohl vor der Ernte

Auswahl und Markierung der Saatgutträger beim Grünkohl

Kurz vor der Ernte der Grünkohlblätter für einen gemeinsamen Schmaus (hier), habe ich mir die Pflanzen dann sehr genau angesehen und zehn von ihnen als Saatgutträger ausgewählt. Auslesekriterien waren dabei der aufrechte Wuchs, die Höhe der Pflanzen, kräftiges und gesundes Aussehen und eine dunkelgrüne Farbe. Geschmacksproben habe ich nicht gemacht, wäre ja theoretisch auch noch möglich. Ob man bei Grünkohl aber große Unterschiede zwischen den einzelnen Pflanzen feststellen kann, zu mal sie ja auch noch ungekocht sind, darf aber wohl bezweifelt werden. Sehr umfassende Hinweise für die Auslese der verschiedenen Gemüsesorten und allgemein zur Saatgutgewinung liefert HEISTINGER (2010). Markiert habe ich die Saatgutträger dann mit gut erkennbaren roten Fäden (Maurerschnur, da sie gerade zur Hand war), die ich an eines der oberen Blätter geknotet hatte. Man hätte auch einfach Stäbe neben die betreffenden Pflanzen stecken können.

Grünkohlpflanze markiert als Saatgutträger / Samenträger

Grünkohlpflanze markiert als Saatgutträger

Grünkohlernte

Bei der eigentlichen Ernte der Grünkohlblätter war dann klar, dass nur Pflanzen ohne Faden abgeerntet wurden. Bei den zukünftigen Saatgutträgern habe ich hingegen nur die unteren gelben Blätter entfernt und dem Kompost zukommen lassen, um Schimmelbildung an den Pflanzen vorzubeugen. Sie mussten ja noch durch den kompletten Winter und durch ein feuchtes Frühjahr. Die abgeernteten „Stämme“ habe ich dann später ebenfalls dem Kompost zugeführt. Ich kann bei diesen Kohlstrünken übrigens nur empfehlen ein paar Mal mit einem großen Hammer oder Stein darauf zu schlagen, um die Oberfläche zu vergrößern sonst verrotten sie praktisch gar nicht im Kompost.

Abgeerntete Grünkohlpflanzen

Abgeernteter Grünkohl

Pflanzung der Saatgutträger beim Grünkohl

Im Gemüsegarten habe ich dieses Jahr ein eigenes Beet zur Vermehrung von Gemüsekulturen eingeplant (hier). Die zehn ausgewählten Grünkohlpflanzen habe ich an einem regenerischen Tag in dieses Beet verpflanzt, damit das alte Beet wieder frei wurde. Hier hätten sie nicht stehen bleiben können, da dadurch, dass ich nur ein Teil der Pflanzen ausgewählt hatte, Lücken geblieben werden. Kohl hat offensichtlich nicht sehr tiefgehendes Wurzelwerk, die Wurzeln sind eher oberflächlich und sehr fein verästelt. Mit einer Grabgabel fällt es nicht schwer eine Pflanze samt großen Erdballen zu entnehmen. Den Abstand der Pflanzen zueinander habe ich nun etwas großzügiger gewählt, so dass nicht mehr drei, sondern nur noch zwei Pflanzen nebeneinander gesetzt wurden. Ich hatte letztes Jahr Salat vermehrt und war im Nachhinein doch sehr überrascht, wie groß der noch wird, bis er tatsächlich Samen bildet!

Zehn ausgelesene Grünkohlpflanzen im neuen Beet zur Saatgutgewinnung

Zehn ausgelesene Grünkohlpflanzen im neuen Beet zur Saatgutgewinnung

Auswahl der Saatgutträger bei der Petersilie

Die krause Schnittpetersilie hat völlig anspruchslos in einem Blumenkasten überwintert. Einen Teil der Pflanzen hatte ich den Winter über im Zimmer angetrieben (hier) und danach dem Kompost zugeführt. Die restlichen Pflanzen sollten dazu dienen mir neues Saatgut zu verschaffen. Ich habe also alle Pflanzen ausgegraben, die unteren gelben Blätter entfernt und sie sortiert. Interessand fand ich, dass auch diese Schnittpetersilie z.T. erstaunlich fleischige Wurzeln hat, die nicht weniger intensiv riechen, wie die der Wurzelpetersilie. Auswahlkriterien für die Saatgutträger waren eine gut ausgebildete, fleischige Wurzel (potentielle Resistenz gegen Trockenheit), eine sattgrüne Farbe, ein kräftiger Wuchs und viel Blattwerk.

Petersilie krauss nach Überwinterung im Blumenkasten

Petersilie krauss nach Überwinterung im Blumenkasten

 

Detailansicht Petersilienpflanze mit Wurzeln und Blättern in Gärtnerhand

Detailansicht Petersilienpflanze mit Wurzeln und Blättern in Gärtnerhand

Anzahl der Saatgutträger

Ich habe entsprechend der zuvor festgelegten Kriterien die Pflanzen eingeteilt in Saatgutträger / keine Saatgutträger, wobei es mein Ziel war, am Ende zehn Pflanzen als Saatgutträger weiterzukultivieren. Diese Bewertung / Auslese ist natürlich immer eine relative Sache und man kann sich leicht vorstellen, dass je mehr Pflanzen man vor der Auslese hat, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit auch Saatgutträger mit außergewöhnlich guten Eigenschaften dabei zu haben. Es wäre ebenso ein Fehler aus zu wenigen Pflanzen auszuwählen wie am Ende zu wenige Saatgutträger weiterzukultivieren (z. B. aus Platzmangel). Nur eine hinreichende Anzahl von Saatgutträgern mit sortentypischen Merkmalen verhindert es, dass man den genetischen Pool der zu vermehrenden Saatgutsorte verkleinert. In HEISTINGER (2010) ist deshalb auch für jede Kultur die empfohlene Mindestanzahl von Saatgutträgern angegeben.

Auswahl der Petersilienpflanzen nach kräftigem Wuchs und starker Wurzelausprägung für die Vermehrung und Saatgutgewinnung (obere Reihe: zur Vermehrung vorgesehen)

Auswahl der Petersilienpflanzen nach kräftigem Wuchs und starker Wurzelausprägung für die Vermehrung und Saatgutgewinnung (obere Reihe: zur Vermehrung vorgesehen)

Pflanzung der Saatgutträger bei der Petersilie

Im Beet, in dem schon die Saatgutträger des Grünkohls standen, habe ich dann auch die zehn ausgewählten Petersilienpflanzen eingesetzt. Dazu habe ich einen Pflanzstock genommen, je Pflanze ein Loch in den Boden gedrückt, die Pflanzen eingesetzt und direkt mit einem scharfen Wasserstrahl eingeschlämmt, damit die Wurzel guten Erdkontakt hat. Dadurch, dass ich ja die Wurzeln zuvor bei der Auslese bewertet hatte, waren sie komplett ohne Erde, was zum anwurzeln nicht gerade förderlich ist.

Zur Saatgutgewinnung ausgewählte Petersilienpflanzen eingepflanzt und angegossen

Zur Saatgutgewinnung ausgewählte Petersilienpflanzen eingepflanzt und angegossen

Im zweiten Teil dieses Beitrags geht es dann um die Entwicklung der Blüte beim Grünkohl und der Petersilie, die Ausbildung und Ernte der Samen, sowie die Reinigung derselbigen. Bislang — soviel kann ich schonmal schreiben — sind alle Grünkohl- und Petersilienpflanzen angegangen. Ich kann mir also beründete Hoffnung auf mein erstes Saatgut von zweijährigen Gemüsen machen!

Edit (14.12.2016):

Der zweite Teil der Saatgutvermehrung des Grünkohls ist inzwischen komplettiert.

Die Saatgutvermehrung bei der Petersilie war leider ein völliger Reinfall (die vom Grünkohl sehr erfolgreich, siehe dazu späteren Beitrag), wobei ich keine Ahnung habe, woran es lag. Die Pflanzen haben sich über Monate gehalten, sind aber praktisch nicht gewachsen, sondern in ihrer Größe zur Zeit der Pflanzung (siehe Bild oben) verharrt. Die Wurzeln haben sich allerdings sichtlich vergrößert/verdickt. Die Saatgutträger haben auch Blüten ausgebildet, wobei sie so mikrospopisch klein waren, dass ich nicht sagen kann, ob es sich um Blüten im Knospenstadium oder bereits darüber hinaus gehandelt hat. Blätter waren in diesem Zustand praktisch nicht mehr an den Pflanzen zu sehen.

In diesem „Blütenstadium“ sind sie viele Wochen stagniert, bis ich irgendwann den Platz brauchte und die Pflanzen vom Beet genommen habe. Eine Saatguternte war von denen sowieso nicht mehr zu erwarten. Wer Erfahrungen dazu hat, über eine Mitteilung wäre ich sehr dankbar!

Aber nun die Bilder, diese sagen bekanntlich mehr als 1.000 Worte…

Gut ausgebildete Wurzel der blühenden Blattpetersilie

Gut ausgebildete Wurzel der blühenden Blattpetersilie

Petersilie in voller Bluete

Petersilie in voller Bluete

Ein Gedanke zu „Vermehrung von Grünkohl und Petersilie — Teil1: Auswahl und Pflanzung der Saatgutträger

  1. Lieber Biogartenfreund,ich habe leider Ihren Namen vergessen! Ich habe ja auch einen Gemüsegarten. Mit Grünkohl kenne ich mich leider nicht aus,habe aber mit Petersilie so manche Erfahrung gemacht. Sie braucht immer bei jeder Neupflanzung einen Standortwechsel.Aber das wissen Sie ja schon längst! Mein Mann und ich sind vor einer Stunde an ihrem Garten vorbeigegangen und habe Ihre Mail Adresse gelesen. Was sie schreiben und erforschen ist beachtenswert. Vielleicht können wir uns bei schönerem Wetter austauschen. Schönes Wochenendeauch an ihre Familie, Ihre Helga Lancé

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