Bewirtschaftungsgrundsätze

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Im Folgendes möchte ich darlegen, an welchen Grundgedanken sich die Bewirtschaftung meines Gemüsegartens orientiert. Das ist denke ich wichtig, um zu verstehen, warum ich manche Arbeitsvorgänge so gestalte, wie ich sie gestalte. Einige davon ergeben sich aus einer vorwiegend praktischen Notwendigkeit (z. B. Kompost), andere aus „sportlichem Ehrgeiz“ (z. B. Handarbeit), wieder andere aus Zeitmangel (z. B. das Giessen).

Der Gemüsegarten ist eine von mehreren Aktivitäten

Über das Jahr gesehen verbringe ich geschätzt täglich eine Viertelstunde mit Gartenarbeit. Dabei gibt es natürlich Zeiten, insbesondere im Juni/Juli, in denen auch locker eine Stunde und mehr je Tag erforderlich wäre, um die Arbeit zu schaffen. Gartenarbeit ist eben sehr saisonal geprägt und — fast noch wichtiger — wetterabhängig. Was nützt es da, wenn ich an Wochenenden Zeit finde, um zu pflanzen, wenn die Sonne so vom Himmel brennt, dass sich jede Pflanzung verbietet? Entsprechend gibt es immer Zeiten bei mir im Jahr, da sind die Beete verunkrautet oder Jungpflanzen überständig, ein Kompromiss mit meinen weiteren Aktivitäten.

Handarbeit

Ich bin ein großer Freund von handwerklicher Arbeit. Das liegt vor allem im gärtnerischen Ehrgeiz begründet, meinen Garten ohne Steckdose (oder Sprit) zu bewirtschaften. Zudem hält das auch einfach körperlich fit. Diesen Luxus kann ich mir natürlich nur leisten, weil ich einen relativ kleinen Garten bewirtschafte, keine Frage. Es hat den weiteren Vorteil, dass ich auch zu Zeiten arbeiten kann, wenn sich der Einsatz von motorisierten Geräten im Garten verbietet.

Keine Fungizide, Herbizide, Pestizide und mineralische Dünger

Im Gemüsegarten verwende ich keine Fungizide (Mittel gegen Pilze), Herbizide (Mittel gegen Unkräuter) und Pestizide (Mittel gegen Schädlinge). Aus der Verwendung von Herbiziden resultieren ohne Zweifel große Arbeitserleichterungen. Das trifft vor allem auf Gemüsearten zu, die im Jungpflanzenstadium nur langsam wachsen, wie typischerweise die Familie der Doldenblütler, die gleichzeitig direkt gesät werden (z. B. Möhren) und damit keinen Wachtumsvorsprung gegenüber den Unkräutern haben. Die Entfernung der Unkräuter erfolgt händisch. Weiterhin verwende ich keine Fungizide zum Beizen meines Saatgutes oder gegen Mehltau und andere Pilzerkrankungen an den Gemüsen und am Obst. Ich verwende auch kein Kupfersulfat, das meines Wissens im biologischen Anbau erlaubt ist und dessen Einsatz ich für problematischer halte als das so manch anderer „chemischer“ Fungizide.

Auch auf Pestizide verzichte ich. Vielfach bewährte präventive Maßnahmen wie Reihenmischkultur und Fruchtwechsel sollen dazu beitragen, den möglichen Befall auf ein Minimum zu reduzieren. Zudem kann man in diesem kleinen Maßstab immer noch leicht absammeln (z. B. Kartoffelkäfer oder Raupen des kleinen und großen Kohlweißlings), Triebspitzen abtrennen und schlimmstenfalls Kernseifenlauge spritzen (z. B. schwarze Bohnenlaus). Dort, wo die präventiven Maßnahmen erfahrungsbedingt unter den hiesigen Bedingungen nicht greifen (Lauchgewächse), setze ich Gemüseschutznetze ein, um nicht — erneut — die gesamte Ernte durch Befall mit der Zwiebelfliege entsorgen zu müssen.

Mineralische Dünger kommen auch nicht zum Einsatz, obwohl sie ohne Zweifel eine ganz erstaunliche Wirkung haben. Das kann jeder beobachten, der mal einen (im übrigen konkurrenzlos billigen) Blaukorndünger auf seinen Rasen wirft. So schnell kann man gar nicht mähen… Ich bevorzuge aber Dünger, die neben den Pflanzen auch den Boden düngen. Will sagen Dünger, die sich günstig auf die Bodenstruktur und das Speichervermögen auswirken. Das ist in der Regel bei allen organischen Düngern der Fall. Derzeit dünge ich mit Hornmehl als Stickstoffquelle und Holzasche als Kaliquelle. Dabei verlasse ich mich darauf, dass mein Boden ausreichend Phosphorreserven besitzt, denn Phosphor ist weder in Hornmehl noch in Holzasche in bedeutender Menge enthalten. Zudem verwende ich eigenen Kompost (s. u.).

Hornmehl

Hornmehl

Reihenmischkultur und Fruchtwechsel

Bei der Reihenmischkultur werden — wie der Name schon vermuten lässt — die Gemüsekulturen in Reihen angeordnet. Dabei bedient man sich den Beobachtungen, dass manche Gemüsekulturen gut, andere schlecht miteinander harmonieren. Die guten Nachbarn stehen dann unmittelbar nebeneinander und beinflussen sich im besten Fall positiv. Die positiven Effekte (schnelleres, gesünderes Wachstum, weniger Schädlinge) sind meist empirischer Natur und die Ursache zumeist unbekannt. Ich möchte mich daher auch gar nicht in Diskusssionen verlieren, ob diese Effekte einen Glauben daran bedürfen, um zu wirken oder nicht. Der für mich entscheidenste Vorteil der Reihenmischkultur liegt einfach darin, dass sie meiner Idealvorstelllung eines vielfältigen, bunten  Bauerngartens (den mag jeder vor seinem gestigen Auge selbst definieren) entspricht, sie ist einfach schön anzusehen. Weiterhin lässt sie sich gut planen und nutzt sehr gut die zur Verfügung stehende Fläche aus (s. u.). Manche Kulturen wie Mais oder Kartoffeln lege ich jedoch nicht in Reihenmischkultur an, da hier für mich die Nachteile überwiegen. Bei Mais ist das die mangelnde Befruchtung, bei Kartoffeln ist der Bedarf so groß, dass sich ein eigenes Beet lohnt.

Eigene Kompostwirtschaft

Eine eigene Kompostwirtschaft ist für mich unabdingbar, um die dem Boden entnommenen Nährstoffe dem Boden wieder zurückzuführen. Soweit die theoretische Idealvorstellung. In unserem Alltag wird die eigentliche Ernte (die Kartoffeln, die Möhren etc.) nicht dem Kompost zugeführt, sondern fließt schlussendlich der Kläranlage zu. Die Ernteabfälle (das Grün der Möhren, die Strünke des Kohls, das Laub der Kartoffeln etc.) wandern natürlich in den Kompost. Ein bedeutender Anteil des kompostierbaren Abfalls wird bei uns von außen dem Gemüsegarten zugeführt. Das sind vor allem die Abfälle von zugekauftem Gemüse und Früchten (im Winter zu 100 %), Eierschalen, Kaffeepads, Küchenkrepp. Essensreste (Fleisch, Milchprodukte und alles bereits Erhitzte) wandert, sofern überhaupt vorhanden, nicht in den Kompost, sondern in die Biotonne, um unerwünschten Gästen nicht den Tisch zu decken. Schließlich geht ein sicher nicht unbedeutender Teil des gebundenen Stickstoffs, der gerade noch im Grünabfall enthalten war während der Monate der Rotte im Kompost als elementarer Stickstoff in die Gasphase über und ist damit für den Boden verloren.

Komposter

Komposter

Ich habe zwei Komposter, einen „Schnellkomposter“ und einen ganz einfachen Komposter aus Holzlatten. Ersteren versuche ich immer randvoll zu halten, letzteren nehme ich als Zwischenlagerungsplatz. Abseits des zumindest zum Teil geschlossenen Nährstoffkreislaufs trägt eine eigene Kompostwirtschaft zu einer Verringerung des Transportaufkommens von Abfall bei. Zudem ist die positive Wirkung auf die strukturellen Eigenschaften und damit auch auf die Fruchbarkeit des Bodens unumstritten. Die Düngewirkung in Bezug auf Stickstoff ist aber eher als gering einzustufen, weshalb ich organischen Dünger zukaufe, um die Erträge je Fläche zu erhöhen (s.o.).

Giessen nur bei Neusaaten und -pflanzungen

Ich bin ein ziemlich giessfauler Mensch. Zudem ist meine Zeit, die ich auf den Garten verwende nicht immer planbar und sowieso begrenzt (s. o.). Und so reduziere ich das Giessen auf das absolute Mindestmaß. Kulturen — so meine Annahme — die den täglichen Guss aus der Kann nicht gewöhnt sind treiben ihre Wurzeln entsprechnd tiefer in den Boden und suchen sich ihr Wasser schon. Gegossen werden nur frisch gesäte Kulturen und Pflanzungen. Natürlich nur, wenn es sehr trocken ist. Ein einmal gekeimter Samen stirbt in diesem Stadium praktisch sofort, wenn er auch nur antrocknet. Gibt es die Wetterlage her, säe ich auch durchaus ohne die Gieskanne überhaupt zu bemühen. Auch nutze ich gerne Vlies, um die Feuchtigkeit bei Neusaaten besser zu halten. Das hat sich vor allem bei sehr feinem Saatgut und/oder Lichtkeimern mit praktisch keiner Erdbeckung, die Feuchtigkeit halten könnte wie z. B. bei Salaten (nur die aus der Familie der Asteraceen) sehr bewährt.

Dieses selbstgewählte Vorgehen hat aber auch wesentliche Nachteile. So habe ich immer einige Gurken, die (toxische!) Bitterstoffe entwickeln, wenn die Pflanzen wg. Wassermangel angewelkt sind. Das führt dazu, dass ich bei manchen Exemplaren den Stielansatz und ggf. etwas mehr verwerfen muss, um keinen Bitterstoffe im Essen zu haben (Geschmacksprobe). Der Ertrag wäre insgesamt sicher höher, wenn Wasser immer im Überangebot zur Verfügung stünde. Zu schlechter letzt neigen auch manche Kulturen bei Trockenheit zum Schiessen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich deutlich mehr Romanasalate und Gemüsefenchel hätte ernten können, wenn ich 2015 gegossen hätte. Dennoch, die Vorteil des (fast) Nichtgiessens überwiegen für meinen konkreten Fall.

Eigene Saatgutvermehrung

Ein Ziel ist es die Mehrzahl der jährlich angebauten Gemüsepflanzen aus eigenem Saatgut zu gewinnen. Hierbei handelt es sich um ein langfristiges Ziel, da sich der Garten noch im Aufbau befindet (Stand: Anfang 2016). Die Saatgutgewinnung ist bei manchen Gemüsesorten wie z. B. Mais, Salate, Hülsenfrüchte, Tomaten, Gurken recht einfach. Insbesondere bei Gemüsesorten, die vor Ausbildung der Blüten und der Samen geschützt überwintert werden müssen, ist die Saatgutgewinnung aber deutlich aufwendiger und risikobehafteter. Das gilt z. B. für Weisskohl, der im Winterlager gerne mal Schimmel ansetzt und dann nicht mehr vital genug ist, um im Folgejahr die gewünschten Blüten zu treiben.

Die Beschäftigung mit der Vermehrung von Saatgut ist für mich überaus spannend. Es gehört dazu, die für die jeweilige Gemüsesorte gewollten Eigenschaften sehr exakt zu kennen. Damit wird es möglich diejenigen Samenträger auszuwählen, die diese Eigenschaften bestmöglich abbilden. Ebenso kann man die Pflanzen in (Blüten und Frucht-) Stadien studieren, die bei der reinen Nutzung zum Verzehr oft (noch) nicht auftreten, bevor sie in den Kochtopf wandern. Schlussendlich bietet die eigene Saatgutvermehrung die Möglichkeit Saatgut zu tauschen und die Gemüsesorten über längere Sicht an den spezifischen Standort anzupassen. Die Geldersparnis ist hingegen überaus gering oder nicht existent, zumindest wenn man den zusätzlichen Aufwand mit bedenkt wie Stäbe zum Anbinden der Samenträger, Markierungen, Reinigung und Trocknung des Saatguts, Lagerung etc.

Kein Zukauf vorgezogener Pflanzen

Die eigene Anzucht der Gemüse aus Samen (gekauft oder selbst vermehrt) ist für mich ein wesentlicher Grundgedanke meines Gemüsegartens. Selbstredend könnte der Zukauf vorgezogener Pflanzen im Gartencenter frühere Erträge im Jahr bringen, da die Vorzucht in geheizten Gewächshäusern abläuft. Es gibt aber nur eine sehr beschränkte Anzahl an vorgezogenen Sorten. Zudem sind diese gerade in Gartencentern gerne schon überständig. Oftmals handelt es sich um F1-Hybriden. Diese lehne ich zwar nicht vollends ab, ich möchte aber im Interesse der eigenen Saatgutvermehrung versuchen darauf zu verzichten. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

Keine Schwarzbrache

Die Schwarzbrache bezeichnet des Zustand, wenn ein Beet im Herbst abgeerntet wurde und dann den Winter über die nackte Erde dem Wetter ausgesetzt wird. Man kann zudem noch im Herbst umgraben und die Erdschollen so wie sie entstehen liegen lassen. Der Frost (sofern vorhanden) würde sie dann den Winter über mürbe machen und zu einer krümligen Bodenstruktur im kommenden Jahr beitragen. Im Boden enthaltene Schädlinge sind besser der Witterung ausgesetzt und man mag auf eine Dezimierung bis zum Folgejahr hoffen. Vermutlich alles richtig. Dennoch werde ich — vorausgesetzt die Planung funktioniert — auf eine Schwarzbrache verzichten.

Der wesentliche Grund ist der, dass ich die geringe Anbaufläche optimal ausnutzen möchte und ich den Stickstoff im Boden halten möchte. Vom Herbst bis zum späten Frühjahr kann also gerne noch eine Feldfrucht auf dem Beet wachsen. Das kann eine Gründüngug zur Stickstofffixierung sein. Besser aber noch eine Gemüsesorte, der geringe Temperaturen nichts anhaben können, wie Porree, Grün- oder Rosenkohl, Feldsalat, Portulak, Mangold aber auch Pflanzen, die im Dreiblattstadium überwintern können, um dann sehr früh im Folgejahr zu starten: Wintersalate, Erbsen, Winterblumenkohl etc. Ggf. werde ich hierzu auch Vlies oder einen Folientunnel einsetzen, um empfindlichere Kulturen über den Winter zu bringen.

Nicht umgraben

Umgraben ist meist unumgänglich, wenn zuvor als Rasen genutzte Fläche in Anbaufläche umgewandelt werde soll. Außerdem kann es bei sehr wurzelstarken und hartnäckigen Gründüngungspflanzen wie typischerweise Getreidesorten erforderlich werden, um deren Wachstum in der neuen Saison sicher zu stoppen. Bei regulär bewirtschaften Beeten, mit oftmals mindestend zwei Gemüsekulturen pro Jahr, ist ein Umgraben eigentlich nicht erforderlich. Die verschiedenen Kulturen treiben ihre Wurzeln in die Erde, die nach der Ernte wieder absterben und neues Porenvolumen im Boden freigeben.

Weiterhin betrete ich die Beete eigentlich nie und verhindere dadurch jegliche Verdichtung des Bodens. Durch ihre Breite von 1,20 m, sind sie von beiden Seiten gut zugänglich. So reicht an Stelle des jährlichen Umgrabens eigentlich der einfache dreizinkige Grubber gefolgt von der Harke, um die für die Saat notwendige Krümelfähigkeit des Bodens zu erreichen. Ach ja — mit einem schweren Tonboden geht das vermutlich nicht. Habe ich aber zum Glück auch nicht!

Konservierung nur in Ausnahmefällen

Der Gemüsegarten stellt mir in der Hauptsaison von ca. Mai bis Oktober frisches Grünzeug zur Verfügung. Und das ist das auch sein wesentliches Ziel. Ich möchte und kann auch gar keine „Selbstversorgung“ erreichen. Wobei dieses Wort auch inflationär gebraucht wird, vor allem im Netz. Da ich nur sehr wenige Arten von Konservern schmackhaft finde, verzichte ich im Allgemeinenen auf das Einkochen der Ernte. Vielmehr soll die Gartenplanung so erfolgen, dass möglichst keine großen Ernteüberschüsse anfallen und stattdessen lieber eine größere Vielfalt angebaut wird, die in dieser Frische auf keinem Markt zu haben ist. Anders ist es mit Konservierungsarten, die nicht allein der Verwertung der überschüssigen Ernte dienen, sodern einen Geschmacksgewinn bedeuten. Dies ist z. B. beim Sauerkraut, beim Estragonessig oder bei Salzgurken der Fall. Auch die Trocknung von Kräutern erachte ich als sehr sinnvoll.

Frostung ginge eigentlich ganz gut. Habe ich auch schon mit Bohnen gemacht, die in einer Schwemme (wg. meiner schlechten Planung wohlgemerkt) reif wurden. Aber auch das ist nicht mein Ziel, den wertvollen Platz im Gefrierschrank zu blockieren.

Bohnenschwemme

Bohnenschwemme