Diesmal dann wohl ohne Frost! Jeder weiß doch eigentlich: „Grünkohl und Rosenkohl brauchen Frost, sonst schmecken sie einfach nicht“. Zumindest für die Grünkohlsorte, die ich hier habe, konnte ich — rein subjektiv — das Gegenteil beweisen. Dieser Grünkohl hat wenn überhaupt einen extrem leichten Nachtfrost vor der Ernte abbekommen. Oder unsere Geschmacknerven sind abgestorben. Was angesichts der Tatsache, dass den Grünkohl neun Erwachsene und ein paar Kinder mit Freude verdrückt haben, aber eher unwahrscheinlich sein dürfte.
Schädlinge
Grünkohl ist eine mehr als dankbare Pflanze. Die Keimfähigkeit ist hoch und die Keimung erfolgt schnell — perfekt für dunkelbraune bis schwarze Daumen. Hat man nicht gerade die Kohlhernie im Boden und überstehen die Jungpflanzen den Anflug der Kohlweisslinge, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen, was die ganze Ernte dahinrafft. Die einzigen Viecher, die eigentlich jedes Jahr bei mir auftauchen, sind die weißen Fliegen (Trialeurodes vaporariorum). Der Befall ist dabei immer höchst unterschiedlich und sie befallen die Pflanzen eigentlich immer dann, wenn sie schon eine beträchtliche Größe erreicht haben. Jungpflanzen waren bei mir hingegen noch nicht befallen. Dieses Jahr war der Befall kaum wahrnehmbar, nur ein handvoll Blätter, auf denen ich wenige Fliegen gefunden habe, völlig problemlos. Bekämpft habe ich die Fliege noch nie, sie hat aber auch noch nie dazu geführt, dass die Ernte ungeniessbar gewesen wäre.
Ernte
Auf dem folgenden Bild sieht man die mit Grünkohl gefüllte Stapelkiste eines großen schwedischen Möbelhauses. Für die Grünkohlernte braucht es weder Messer noch Schere. Die Blätter lassen sich sehr leicht nach unten biegen und brechen dann stielnah ab. Die untersten, teils gelben Blätter haben wir natürlich nicht genommen und den Kompost damit gefüttert. Ich hatte dieses Jaht tatsächlich auch an einigen Blättern, die bodennah wuchsen etwas Schimmel. Das war wohl der feucht-warmen Wetterlage dieses „Winters“ geschuldet.
Auf dem Bild sieht man auch, dass manche der Pflanzen vollständig abgeerntet sind, andere aber noch eine ganze Reihe an Blättern tragen. Das liegt daran, dass ich aus diesen Pflanzen in der kommenden Saison Saatgut gewinnen möchte. Ich hatte diese Samenträger schon vorher nach verschiedenen Kriterien ausgewählt und markiert. Auch die praktisch völlig abgeernteten Pflanzen, werden aber noch weiter kulitiviert, um im Frühjahr eine weitere Delikatesse zu gewinnen. Mehr zu diesen Dingen aber in späteteren Beiträgen.
Zubereitung
Die Grünkohlblätter müssen gründlich gewaschen werden. Dadurch, dass sie so stark gekraust sind, setzt sich gerne mal was in die Furchen, was dann zwischen den Zähnen knirschen könnte. Wir haben dazu zwei der Stapelboxen genommen, um den gewaschenen Kohl zwischenzulagern. Anschließend wird bei jedem Blatt der Hauptstrunk herausgeschnitten und wandert in den Kompost. Die strunklosen Blätter hingegen werden grob zerkleinert und sehen dann so wie auf dem Bild. Für diese Prozedur ist locker eine Stunde einzuplanen, nichts für den schnellen Hunger!
Weiterhin braucht man einige Zwiebeln, geschält und gewürfelt. In eine große Pfanne damit und mit einem hoch erhitzbarem Öl (Raps, Sonnenblumen, Erdnuss etc. oder ganz klassisch mit Schmalz aber kein Olivenöl ‚extra vergine‘) die Zwiebeln langsam (!) braun brennen lassen. Erst das gibt schöne Röstaromen, die bestens zu diesem deftigen Gericht passen. Schwarz dürfen sie — auch nicht teilweise — werden, sonst gibt es bittere Geschmacksnoten. Deswegen ist es so wichtig die Zwiebeln langsam zu schmoren. Die Nase hilft hier bei der Beurteilung mehr als das Auge.
Parallel zum Zwiebeln schmoren einen sehr großen Topf nehmen (unser hat denke ich ca. 8 Liter Inhalt), einen guten Schuss Fett hinein, und dann bei mittlerer Flamme Grünkohl zufügen, bis der Topf voll ist. Deckel drauf und einen Moment warten, umrühren, dann ist der Kohl schon stark zusammengefallen. Neuen Kohl nachfüllen und so lange wiederholen, bis schließlich der ganze Kohl im Topf ist. Der Kohl fällt auf eine nahezu lächerlich winzige Menge zusammen, ähnlich wie beim Spinat.
Dann die geschmorten Zwiebeln zum Kohl geben und das Fleisch dazu. Ich habe entsprechend der Vorlieben der Mitesser Mettwurst, Burgunderbraten (ähnlich Kassler, nur etwas durchwachsener) und Bauch hinzugegeben, natürlich alles geräuchert. Das ganze dann noch auf kleiner Flamme eine halbe Stunde köcheln lassen, damit die Raucharomen vom Fleisch in den Grünkohl übergehen können. Meist muss man ein bisschen Wasser hinzugeben, damit nichts anbrennt. Anschließend das Fleisch rausnehmen (sonst kann man nicht gut umrühren) und den Grünkohl mit ordentlich Senf abschmecken. Ich habe schätzungsweise drei Esslöffel Monschauer Ursenf genommen.
Abschließend pfeffern und ggf. noch salzen, wobei letzteres praktisch völlig entfallen kann, weil das Fleisch schon soviel Salz abgegeben hat. Das er mindestens einen Tag vor Verzehr gekocht werden muss, um ordentlich durchzuziehen, ist ja fast klar, besser noch zwei. Kartoffelpürree mache ich separat, da ich es nicht so gerne vermengt mag. Kann ja jeder auf seinem eigenen Teller zusammenmatschen, wenn das gewünscht ist.
Fazit
Grünkohl wächst einem praktisch in die Hände und er wächst zu einer Zeit, in der von wenigen Ausnahmen abgesehen praktisch nichts mehr wächst, höchstens noch vegetiert. Es geht nur wenig über einen großen Topf Grünkohl im Winter: Einer, oder zwei. Dann aber reicht es (mir). Und das ist ein bisschen das Problem am sonst so unproblematischen Grünkohl. Er ist nicht sonderlich vielseitig zu verwenden (Nicht so frosthartes Gegenbeispiel: Die Möhre). Die Rezepte, die ich bislang gelesen habe, konnten mich bislang nicht überzeugen, er ist halt — auch wenn er eher „leicht“ zubereitet wird — geschmaklich und von seiner Konsisenz eher derb. Ich habe mir aber vorgenommen hier ein bisschen mit Rezepten zu experimentieren.