Radieschen verwende ich aufgrund ihrer schnellen und sicheren Keimung gerne als Markierungssaat für Möhren (siehe Bild), die als Doldenblütler (Apiaceae) bekanntlich sehr langsam keimen. Da Radieschen bei uns aber nicht sonderlich gerne gegessen werden und sie praktisch ausschließlich als Rohkost nverwendet werden können, baue ich sie aber nicht noch separat an. Dennoch, auch hier finde ich es spannend eigenes Saatgut zu erzeugen. Man lernt die Kulturen dadurch nochmal von einer ganz anderen Seite und damit besser kennen. Ich probiere die Saatgutvermehrung hier zum ersten Mal bei Radieschen.
Ernte der potentiellen Saatgutträger
Zusammen mit den Möhren hatte ich die Radieschen Anfang März in Reihen gesät. Wir haben nur einzelne Exemplare geernet und in den Salat geschnippelt. In diesem Fall war es also nicht notwenig die vitalsten Pflanzen als potentielle Saatgutträger vorab zu markieren, damit sie nicht auf die Tafel wandern, sondern für die Vermehrung verwendet werden können. Es waren ja genug da. Anfang Juni dann, die Radieschen waren schon etwas überständig, sprich holzig und einige wenige fingen schon an zu schießen, habe ich dann alle Pflanzen vorsichtig durch einfaches Ausziehen geerntet. Das ging bei regnerischem Wetter ganz gut, ohne die Wurzeln zu beschädigen, da der Boden aufgeweicht war.
Die einzelnen Pflanzen — es waren mehr als 50 Stück — habe ich dann grob von anhaftender Erde befreit und dann sortiert. Zuerst habe ich alle Pflanzen mit dem leichtesten Anschein eines Blütentriebs (geschossene Pflanzen) ausgesondert. Zu erkennen ist das an einem verdickten und teils schon gestrecktem Mitteltrieb. Im Zweifelsfall habe ich diese Pflanzen immer verworfen, sonst liest man auf frühes Blühen aus, was ja mehr als unerwünscht ist.
Auslese der Saatgutträger
Von den verbliebenen Pflanzen habe ich dann diejenigen herausgesucht, die einen besonders vitalen Wuchs und gleichzeitig große Radieschen aufwiesen. Das ist nur eine relative Größe und hier wird schon klar, dass man eine Mindestanzahl von Pflanzen braucht, um tatächlich eine Auslese zu betrieben. Insgesamt habe ich in Anlehnung an Heistinger et al. (2010) die Saatgutträger nach folgenden Kriterien ausgewählt:
- Sortentypisches Aussehen (gleichmäßig rund; unten weiß, oben hellrote Knolle)
- vitaler Wuchs (gesundes, vollgrünes Laub; gedrungender, kräftiger Wuchs)
- Schosstoleranz (keine Verwendung von Frühblühern)
- große Knollen
Die Variabilität der Sorte zeigt sich am folgenden Bild, auf dem oben die für die Saatgutgewinnung ausgewählten Pflanzen gezeigt sind und unten ein kleiner Teil der ausgesonderten Pflanzen, die die o.g. Kriterien nicht erfüllten. Die ausgewählten Pflanzen sind dann auf dem darauf folgenden Bild in Nahaufnahme zu sehen. Insgesamt waren es neun Pflanzen, die ich aus über 50 Pflanzen zur Vermehrung ausgewählt habe.
Pflanzung der Saatgutträger
Auf einem quadratischen Stück Beet (neben dem Spalierobst, siehe hier) habe ich die Pflanzen dann „3 x 3“ mit einem Abstand zueinander von etwa 25 cm gepflanzt. Generell muss man den Abstand von Saatgutträgern immer so wählen, dass die Blüten- und Samenstände genug Platz haben und es nicht zur Schimmelbildung kommt, weil anhaftender Morgentau nicht rasch genug abtrocknen kann. Im Fall der Radieschen, die ja sonst mit einem Abstand von vielleicht 5 cm stehen, führt das zu einer Verfünffachung des erforderlichen Abstands. Vor der Pflanzung habe ich das Beet von Unkraut befreit, mit der Grabgabel aufgelockert und glattgeharkt. Anschließend habe ich mit einem Pflanzstock je Radieschen ein Loch vorgeformt (siehe Bild), das so tief war, dass die Pfahlwurzel der Radieschen nicht geknickt wurde.
Pflanzung bei bedecktem Wetter
Die Radieschen habe ich dann in die Pflanzlöcher gesetzt und mit einer ordentlichen Menge Wasser aus der Gießkasse ohne Brause eingeschlämmt, um einen guten Kontakt zwischen Wurzel und Erde zu ermöglichen (siehe folgende Bilder). Die Ernte und das Einsetzen der Radieschen habe ich abends durchgeführt in dem Wissen, dass — zumindest lt. Wettervorhersage — die folgenden Tage bedeckt oder regenerisch sein werden. Es macht keinen Sinn zu pflanzen, wenn es die folgenden Tagen sonnig ist. Die Pflanzen würden soviel Wasser durch ihre Blätter verdunsten, das die noch nicht angewachsenen Wurzeln nicht genug Wasser nachliefern können. Sie würden dadurch vertrocknen oder zumindest großen Schaden davontragen.
Sollte man dennoch dazu gezwungen sein einmal zu pflanzen, wenn die folgenden Tage Sonne angesagt ist: Pflanzen mit Vlies überdecken und mehrmals täglich giessen, um die Verdunstung auf ein Mindestmaß zu beschränken.
Entwicklung der Saatgutträger nach Pflanzung
Aber auch bei optimalen Bedingungen ist das Umpflanzen natürlich erstmal ein Schock für die Pflanzen, den sie mit angewelkten Blättern und einem Wachstumsstopp quittieren. Das ändert sich aber nach wenigen Tagen. Spätestens nach einer Woche stehen die Blätter wieder im Saft und die Pflanzen beginnen wieder zu treiben. Meist überleben die ältesten Blätter der Pflanzen diesen Schock des Umpflanzens jedoch nicht, sie werden welk und gelb und können entfernt werden.
Nach kurzer Zeit verlängern sich die Mitteltriebe der Pflanzen deutlich ohne weitere Blättern zu bilden und Blüten bilden sich aus. Damit die langen Stängel, an denen sich später hoffenlich viele Schoten ausbilden nicht durch Wind oder Regen abknicken, habe ich sie mit vier Pflöcken und einer Schnur „eingezäunt“ (siehe Bild).
Wie geht es weiter?
Die ersten Samenschoten entwickeln sich. Die Familie der Kohlgewächse (Brassicaceae), zu denen auch die Radieschen zählen, sind strenge Fremdbefruchter. Und so finden sich auch — vor allem bei sonnigem Wetter — eine ganze Reihe von Schwebfliegen, Fliegen, Käfern und Bienen auf den kleine weißen Blüten ein. Auch die ersten Schoten bilden sich schon einen Monat nach Pflanzung der Saatgutträger aus.
Zur Reifung der Schoten, zur Ernte und zur Reinigung des Saatguts dann im folgenden Teil…